„Alles muss klein beginnen…“ – Warum Wachstum für die berufliche Zukunft so wichtig ist

Magst du Kuchen? Ich persönliche liebe Kuchen (was man mir aber leider auch ansieht), und ganz besonders liebe ich es, den Kuchen selbst zu backen. Aus vielen einzelnen Zutaten ein Ganzes werden lassen, dabei kreativ sein und natürlich ab und zu auch etwas Teig naschen … Herrlich!

Irgendwann einmal war ich neugierig und habe einen dieser Tassen-Kuchen ausprobiert: Pulver in die Tasse, Milch darüber und ab in die Mikrowelle. „Kuchengenuss in 1 Minute“ – aber das, was da am Ende in meiner Tasse war, das war alles, aber definitiv kein Genuss!

Nein, wie Oma immer so schön sagt: „Gut Ding will Weile haben!“

Aber, so mein Eindruck, wir sind es schlichtweg nicht mehr gewohnt, Dingen ihre Zeit zu geben. Wir wollen alles – und zwar sofort!
Und damit meine ich nicht nur die Online-Kreditzusage nach 10 Minuten, den OvernightExpress-Versand des Smartphones oder das Wunschauto ungeduldig direkt bei der Fabrik abzuholen. Auch im privaten Bereich nimmt diese Haltung zu. Um den richtigen Partner zu finden wird getindert und gelovescoutet mit acht Profilen gleichzeitig – schließlich tickt ja die biologische Uhr. Wie haben unsere Vorfahren das nur ohne Internet geschafft?

Auch im Beruflichen scheint zu gelten: „Her mit dem Erfolg, zack, zack!“
Alles soll optimiert sein und nicht wenige Artikel in Job-Blogs versprechen „Mit diesen 5 Job-Hacks haben Sie garantierten Erfolg“ oder „In 100 Tagen zur Führungskraft mit diesen einfachen Tipps“.

Lina Maly singt in ihrem Song „Wachsen“:

Alle fragen, was will ich werden?
Niemand fragt mich, wer ich bin
Alle haben ihr Ziel vor Augen
Vielleicht bleib‘ ich dafür blind
Alle stricken ihre Pläne
Und hoffen, dass nichts zerreißt
Ich verlier‘ den roten Faden
Such‘ nach einem grünen Zweig

Alle wachsen
Über sich hinaus
Alle wachsen, wachsen, doch wer davon blüht auf?
Ich verlier‘ den roten Faden
Such‘ nach einem grünen Zweig
Alle wachsen, wachsen
Doch wer davon gedeiht?

https://youtu.be/m1xxzrdao5A

Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

„Gut Ding will Weile haben…“ – Ich habe den Eindruck (und da nehme ich mich selbst nicht von aus), wir haben verlernt, dass diese Weile auch einmal eine lange Weile sein kann und es zu Lange-Weile führt. Das Sprichwort „Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht“ macht deutlich, dass es Prozesse gibt, die wir manchmal nicht beeinflussen, geschweige denn überspringen können. Und das gilt auch für berufliches Wachstum und den beruflichen Erfolg.

Ich erlebe es als Coach immer wieder, dass Bewerber von der ersten Minute an Bewerbungen verschicken wollen. „Hauptsache Arbeit“ ist das Credo, und die Bewerbungen sollen bunt gestreut werden. Mir ist ein ganz besonderer Bewerber in Erinnerung, der sich trotz fehlender Qualifikation als Maurer, Arbeitsvermittler, Chauffeur und Qualitätsprüfer bewerben wollte – gleichzeitig!

Ein Männchen mit Aktentasche rennt schwitzend und angestrengt und verliert dabei ein paar Akten.
Halt, nicht gleich losrennen: Berufliches Wachstum braucht Zeit und will gut geplant sein!

Nicht alles gleichzeitig überstürzen – lieber SMART agieren!

Zu den ersten Punkten im Bewerbungscoaching gehört für mich immer, die Bewerber zu fragen: „Warum sind Sie hier und wo wollen Sie hin?“ Und ich gebe mich nicht eher zufrieden, bis der Bewerber für sich ein klares SMARTes Ziel formuliert hat.

SMART ist ein Akronym; es setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der wichtigsten Prüfkriterien eines Ziels zusammen:

  • Spezifisch: Ist der Inhalt des Ziel deutlich formuliert, fokussiert, klar und unmissverständlich?
  • Messbar: An welchen Parametern (Datum/Umfang/Note etc.) kannst du erkennen, ob das Ziel erreicht wurde?
  • Attraktiv: Willst du selbst dieses Ziel erreichen? Oder machst du das nur anderen zuliebe?
  • Realistisch: Ist unter Einbeziehung aller Fakten die Erreichung des Ziel wirklich möglich?
  • Terminiert: Bis zu welchem konkreten Zeitpunkt (idealerweise einem festen Datum) verpflichtest du dich, das formulierte Ziel erreicht zu haben?

Dieser Prozess, das geben die meisten Bewerber gerne zu, ist sehr anstrengend. Denn es zwingt dich dazu, konkret zu werden, dich für etwas Bestimmtes und damit auch gegen mögliche Alternativen zu entscheiden. Manche sind nach diesem Prozess auch etwas enttäuscht. „Es ist ein ganzer Tag vergangen und das einzige, was wir heute geschafft haben, ist, dass ich ein Ziel formuliert habe???“

Alles muss klein beginnen,
lass etwas Zeit verrinnen.
Es muss nur Kraft gewinnen,
und endlich ist es groß.

https://youtu.be/MxJi38bl6QE

Gerhard Schönes Kinderlied gilt hier auch für Jobsucher. Zugegeben, ein einzelner Satz wirkt am Anfang nicht besonders bedeutend. Aber aus diesen wenigen Worten, was genau du bis wann wie machen willst, erwächst etwas Großes. Und das braucht Zeit!

Vielleicht sind die Sommerwochen, die für viele ja auch Urlaubs- und Ferienzeit sind, genau die richtige Zeit dafür, dich in Ruhe zu fragen:

  • Bin ich beruflich zufrieden? Warum (nicht)?
  • Möchte ich (k)eine Veränderung? Warum?
  • Was ist meine innere Triebfeder? Was motiviert mich?
  • Welche Ziele habe ich für mich – beruflich und privat?
  • (Wie) Lasse ich mir die Zeit, beruflich und privat zu reifen?

Ich wünsche dir eine erholsame Sommerzeit, in der du zur Ruhe kommst und dir die Zeit für diese und ähnliche Fragen nimmst. Vor allem aber, dass du dir die Zeit gönnst, die es für dein persönliches und berufliches Wachstum braucht. Lass dich nicht von außen stressen oder hetzen, denn „alles muss klein beginnen …“

Gerjet Kleine-Weischede

Gerjet Kleine-Weischede ist Jobcoach des IBB in der Region Nord. Dort unterstützt er Teilnehmende von Weiterbildungen und Umschulungen, erfolgreich in Arbeit zu kommen. Er ist immer auf der Suche nach ungewöhnlichen und frischen Bewerbungsideen. Dafür ist er viel im Netz und auf Social Media unterwegs; außerdem gibt er unter www.chancenmacher.de Tipps und Hinweise.

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Verena Wyss
Gast
Verena Wyss
27. August 2021 15:30

Der Bewerber, der sich trotz fehlender Qualifikation als Maurer, Arbeitsvermittler, Privat Chauffeur und Qualitätsprüfer bewerben wollte, war natürlich bestrebt, möglichst schnell wieder einen Job zu kriegen, was an und für sich nichts verwerfliches ist. Das Giesskannenprinzip ist aber natürlich alles andere als optimal.

Markus Moos
Gast
Markus Moos
3. Dezember 2019 16:36

guter Artikel – guter Blog – sehr weise Gedanken – hat mir gut gefallen.

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