Laut Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) im Frühjahr 2013 hatten ein Drittel der Befragten selbst bei einer Reha-Maßnahme teilgenommen, weitere 37 % hatten Freunde oder Verwandte, die teilgenommen hatten. Dennoch wird das Thema berufliche Reha noch immer wenig in den Medien besprochen – und das obwohl die körperlichen und seelischen Arbeitsbelastungen in unserer modernen Arbeitswelt nicht weniger geworden sind, sondern im Gegenteil eher zunehmen. Immer mehr muss von immer weniger Mitarbeitern geleistet werden. Bis es nicht mehr geht.
„Berufliche Reha? Was ist das dann?“, fragt ihr euch jetzt vielleicht. Auch mir ging es bis vor ein paar Wochen so, dass ich zwar die (medizinische) Reha vage kannte, von der beruflichen Rehabilitation oder einer anderen Form der Reha noch nie gehört hatte. Und das, obwohl ich selbst während meines Studiums und meines Arbeitslebens bereits dreimal von Burnout betroffen war – theoretisch also von einer beruflichen Reha hätte profitieren können.
Wie ihr Burnout vorbeugen, erkennen und überwinden könnt, erfahrt ihr übrigens hier.
Vielleicht geht es euch genauso wie mir und ihr möchtet euch – präventiv oder im akuten Ernstfall – informieren. Im Folgenden will ich euch das Thema berufliche Reha und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen der Rehabilitation einmal genauer vorstellen.
Der Unterschied zwischen medizinischer, sozialer und beruflicher Rehabilitation
Es gibt drei Formen der Rehabilitation. Wenn wir Otto-Normal-Bürger von Reha sprechen, meinen wir damit in der Regel die medizinische Reha und verstehen darunter die Wiederherstellung der Gesundheit. Doch Rehabilitation ist mehr als Heilung. Sie hat die Wiedereingliederung ins Berufsleben zum Ziel. Die Menschen sollen selbstbestimmt und dauerhaft am Leben in unserer Gesellschaft teilhaben können. Zu diesem Zweck gibt es drei Formen von Rehabilitation: die medizinische, die berufliche und die soziale Reha.
Medizinische Reha:
Hier liegen beim Patienten eine körperliche oder seelische Erkrankung mit dem Potential dauerhafter Einschränkungen, eine chronische Erkrankung oder belastende Umwelteinflüsse vor, die zu dauerhaften Erkrankungen beitragen. In der Regel wird sie nach einer klinischen Behandlung empfohlen – zum Beispiel nach einem Unfall und/oder einer Operation, dann spricht man von einer sogenannten Anschlussrehabilitation – und muss bei der Krankenkasse, der Rentenversicherung oder einen anderem Reha-Träger beantragt werden.
Die medizinische Reha dient also in erster Linie der Wiederherstellung der Gesundheit und soll Behinderungen oder chronische Krankheiten verhindern oder verringern bzw. Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit und die Pflegebedürftigkeit vermeiden oder mindern.
Berufliche Reha:
Sie konzentriert sich auf die Erhaltung bzw. den Erwerb eines Arbeitsplatzes. Sie ist häufig mit einer medizinischen Reha verknüpft. Mit der beruflichen Rehabilitation können die Berufsvorbereitung, die Fort- und Weiterbildung bzw. Umschulung (mehr zum Thema Umschulung: „So wirst du Umschüler – in einfachen 8 Schritten“) gefördert und weitere finanzielle Hilfen geleistet werden. Liegt beispielsweise eine Berufskrankheit vor, sodass der ursprüngliche Ausbildungsberuf nicht mehr ausgeübt werden kann, kann der Betroffene auf diese Weise einen neuen Beruf erlernen, ohne sich Existenzsorgen machen zu müssen, denn das sogenannte Übergangsgeld sorgt während der beruflichen Reha für die finanzielle Absicherung. Auch bei Arbeitsunfällen kann eine anschließende berufliche Reha erfolgen.
Soziale Reha:
Sie soll die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft für behinderte Menschen gewährleisten. Mit den Leistungen der sozialen Rehabilitation werden daher u. a. Hilfen zum selbstbestimmten Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten, zur Teilhabe am kulturellen Leben oder heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind, bezahlt.
Ich konzentriere mich im Folgenden auf die berufliche Reha und möchte deutlich machen, warum sie neben der medizinischen Reha nicht zu vernachlässigen ist. Denn mit der Behandlung der Symptome bzw. des Krankheitsbildes ist es in vielen Fällen nicht getan.
Warum berufliche Reha so wichtig ist
Besonders wenn ein Unfall oder eine Krankheit das Leben auf den Kopf stellt, sollte neben der medizinischen auch eine berufliche Rehabilitation erfolgen. Denn kann man seinen bisherigen Beruf aufgrund von Burnout, einem Bandscheibenvorfall, psychischem Stress oder anderer Berufskrankheiten nicht mehr ausüben, ist die Gefahr groß, in ein tiefes Loch zu fallen.
Neben den gesundheitlichen Problemen nehmen auch die Ängste vor der Zukunft einen großen Raum ein. Die Sorgen, nicht mehr produktiv zum eigenen Lebensunterhalt oder dem der Familie beitragen zu können, Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen und nicht zu wissen, wie es weitergehen soll, stellen das eigene Selbstbild in Frage, ohne jedoch im Gegenzug Antworten zu liefern. Dadurch wachsen die Verunsicherung, Selbstzweifel und Orientierungslosigkeit.
In dieser Situation liefert berufliche Reha eine entscheidende Hilfe, denn nun steht man nicht mehr alleine vor einer Vielzahl von Hürden, sondern hat erfahrene Helfer zur Seite, die einen mit ihrem Expertenwissen, ihrer Erfahrung und ihren Kontakten unterstützen und beraten können. Auch die finanzielle Unterstützung in Form des Übergangsgelds (die Höhe richtet sich nach dem vorherigen Verdienst und der familiären Situation) während der Reha-Maßnahme ist enorm wichtig, denn damit ist ein entscheidender Punkt – die Existenzängste – erst einmal ausgeblendet und der Rehabilitand kann sich aufs Gesundwerden und die berufliche Neuorientierung konzentrieren.
Die Arbeit während der Reha-Maßnahme an den einzelnen Schritten hin zum übergeordneten Ziel – der Rückkehr ins Berufsleben – hat einen weiteren positiven Effekt. Die beruflichen Rehabilitanden haben auf diese Weise eine neue Perspektive und die Zukunft liegt nicht länger im orientierungslosen Nebel oder im aussichtslosen schwarzen Loch. Sie sind nicht länger gezwungen, auf etwas zu reagieren, über das sie keine Kontrolle haben, sondern sie können agieren und ihr Leben wieder in die eigenen Hände nehmen.
Doch wie genau sieht dieser Weg zurück ins Berufsleben aus?
In 5 Stufen zum passenden Job – das Modell zur beruflichen (Re-)Integration
An den bisherigen Beispielen wurde ja schon deutlich, dass es nicht das eine Krankheitsbild oder den einen Rehabilitanden gibt. Die berufliche Reha sollte daher immer auf die Situation des Betroffenen angepasst sein und aus individuellen und passgenauen Bausteinen bestehen.
Dennoch bauen Reha-Maßnahmen wie bei uns beim IBB auf ein paar Gemeinsamkeiten auf, die sich in einzelne gleiche Schritte unterteilen lassen. Unser 5-Stufen-Programm basiert auf den gemeinsamen Empfehlungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitanden (BAR).
Das 5-Stufen-Programm:
- Weicher Einstieg: Das Kennenlernen
- Eignungsprüfung: Passt der gewünschte Bildungs- und Berufsweg?
- Optimale Bildungs- und Integrationswege: Die maßgeschneiderte Qualifizierung beginnt
- Berufspraktische Erprobung für den Arbeitsalltag: Im Rahmen eines Praktikums bzw. einer betrieblichen Arbeitserprobung werden die neuen Kenntnisse und der neue Arbeitsalltag ausprobiert
- Hilfe bei der Jobsuche und Vermittlung in eine passende Stelle: Unterstützung bei der Bewerbung, der Vor- und Nachbereitung von Vorstellungsgesprächen, bis der optimale Arbeitsplatz gefunden wurde
Weitere hilfreiche Infos und Tipps erhaltet ihr hier:
Berufliche Reha und das 5-Stufen-Programm
Wer kann eine berufliche Reha in Anspruch nehmen und an wen muss man sich wenden?
Zunächst einmal hat jeder Mensch in Deutschland Anspruch auf eine Reha. Die (medizinische) Reha gilt als Pflichtleistung der Krankenkassen. Konkret kommt es jedoch auf den Einzelfall und den Kostenträger an, wann welche Leistungen übernommen werden, sowohl bei der medizinischen als auch bei der beruflichen Reha.
Bei der beruflichen Reha werden die Kosten von verschiedenen Trägern übernommen, meistens der Agentur für Arbeit, der Rentenversicherung oder der Berufsgenossenschaft.
Es gibt verschiedene Voraussetzungen, je nachdem welcher Reha-Träger zuständig ist:
- Die Unfallversicherung die Berufsgenossenschaft ist bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit zuständig.
- Die Rentenversicherung hingegen übernimmt die berufliche Reha, wenn die Maßnahmen geeignet sind, eine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben zu erreichen. Dabei darf der Versicherte jedoch beispielsweise bei einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit nicht bereits gleichartige Leistungen von einem anderen Reha-Träger beziehen.
Unter Umständen können aber auch die Agentur für Arbeit, das Jugendamt oder die Eingliederungshilfe-Träger die Kosten für berufliche Reha-Leistungen übernehmen.
Welche Leistungen der beruflichen Reha gibt es?
Um das Ziel der beruflichen Reha, den bisherigen Arbeitsplatz zu erhalten bzw. einen neuen Arbeitgeber zu finden, zu unterstützen, übernehmen die Berufsgenossenschaften, die Rentenversicherungsträger oder die Agentur für Arbeit potentiell eine Vielzahl von unterschiedlichen Leistungen.
Neben den Kosten für eine Aus- oder Weiterbildung bzw. eine Umschulung selbst können dies beispielsweise weitere direkte oder indirekte weitere Kosten für die berufliche Reha und berufsfördernden Maßnahmen sein, zum Beispiel:
- Arbeitskleidung
- Fahrtkostenbeihilfe
- Gründungszuschuss
- Kosten für Arbeitsausrüstung, Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen
- Kraftfahrzeughilfe
- Lernmittel
- Prüfungskosten
- Umzugskostenbeihilfe
- Wohnungshilfe
- etc.
Ein kleiner Ausblick:
Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Überblick über die wichtigsten Informationen rund ums Thema berufliche Rehabilitation geben. Wenn ihr mehr erfahren möchtet, empfehle ich euch unsere weiterführende Reha-Infoseite (inklusive Kontaktdaten von unserer Reha-Expertin): www.berufliche-reha.com
Lasst euch gerne auch persönlich von unseren Mitarbeitern zu euren persönlichen Möglichkeiten der beruflichen Reintegration durch eine Weiterbildung, eine Umschulung oder ein Coaching beim IBB beraten!
Und jetzt seid ihr dran: #ichrehagiere
Seid ihr auch bereits von Burnout betroffen gewesen oder habt ihr bereits eine berufliche Reha gemacht und seid anschließend in den Beruf zurückgekehrt? Dann erzählt uns eure Geschichte auf Facebook, Twitter, LinkedIn oder Instagram, nutzt den Hashtag #ichrehagiere und macht anderen Betroffenen mit euren Erfolgsgeschichten Mut! Wir möchten uns nicht nur auf die Einschränkungen konzentrieren, sondern auch auf die Potenziale und damit andere inspirieren. Postet jetzt unter #ichrehagiere und werdet Teil der #ichrehagiere-Community.
Wir freuen uns auf eure ermutigenden Geschichten!
Viele Grüße
Nicole
Wichtige Quellen und weiterführende Links:
https://www.betanet.de/berufliche-reha-rahmenbedingungen.html
https://www.betanet.de/berufliche-reha-leistungen.html
https://www.qualitaetskliniken.de/reha-haeufige-fragen/reha-anspruch/
https://www.zweite-chance.info/berufliche-reha/