Kennt ihr das auch? Ach, was frage ich – natürlich kennt ihr das. Ihr kommt aus einem Vorstellungsgespräch, seid fix und fertig und fragt euch: Was war das denn jetzt?! Habe ich das gerade wirklich erlebt? Ist hier irgendwo eine Kamera versteckt? Ich musste mich letztens an zwei „Highlights“ erinnern, die zwar schon etwas länger zurückliegen, aber trotzdem noch sehr präsent sind – so etwas vergisst man vermutlich nie:
Das Kreuzverhör
In einem Interview wurde ich von gleich drei Geschäftsführern in ein wahres Kreuzverhör genommen, das mich wirklich ins Schwitzen gebracht hat. Die Fragen kamen Schlag auf Schlag, ich hatte kaum Zeit zum Nachdenken – das war natürlich Absicht. Dabei ging es aber gar nicht um einen Leitungsposten im Vorstand, wie man jetzt vermuten könnte, sondern „nur“ um einen einfachen Bürojob. Ach, und nebenbei kellnern sollte ich im angeschlossenen Restaurant dann bitte auch, nach Möglichkeit auch abends und am Wochenende. Ja nee, ist klar… Ein halbes Jahr später suchte die Firma übrigens immer noch nach einem willigen Opfer.
Überraschung!
In einem ganz anderen Bewerbungsgespräch kam ich kaum zu Wort, konnte mich also gar nicht richtig präsentieren, und ging raus mit dem Gedanken „Na, das war wohl ein Satz mit x – das war nix“. Nur um zwei Wochen später von einer Bekannten angesprochen zu werden, die mir zu dem neuen Job gratulierte. Das Problem war: Davon wusste ich gar nichts! Der Arbeitgeber hatte das gar nicht kommuniziert – also, gegenüber anderen offenbar schon, nur die Kandidatin (also ich) hatte keine Ahnung …
Merkwürdige Erlebnisse, keine Frage. Warum ich euch davon erzähle? Um euch Mut zu machen! Solche Anekdoten erlebt fast jeder. Und letzten Endes macht uns das nur stärker! Klar, in dem Moment war ich verwirrt und verärgert, aber im Nachhinein sind es tatsächlich nur das: Geschichten, die man noch Jahre später erzählt. Und wisst ihr, was meine ganz persönliche (und subjektive) Moral aus diesen Geschichten ist? Wenn das Vorstellungsgespräch so merkwürdig läuft, ist das auch nicht der richtige Arbeitgeber.
Einen dieser beiden erwähnten Jobs (den, bei dem ich von der Einstellung gar nichts wusste) habe ich nämlich tatsächlich angenommen. Um nach fünf Wochen mit wehenden Fahnen wieder wegzulaufen – das passte alles gar nicht zusammen, die Firma und ich. Also wieder was gelernt!
Und da ich euch nicht nur von meinen Erlebnissen erzählen möchte, habe ich im Kollegen- und Freundeskreis einfach mal rumgefragt. Macht das auch mal, das ist sehr unterhaltsam! So gut wie jeder hat eine lustige, skurrile oder unglaubliche Geschichte auf Lager. Zum Beispiel diese:
Das brennende Haus
„Ich bin sehr pünktlich zu meinem Vorstellungstermin aufgebrochen – mit dem Auto, denn die Firma war einige Kilometer entfernt. Dann der Schreck: Eine Straße war gesperrt, denn ein Haus stand in hellen Flammen. Überall Feuerwehr, Blaulicht und Qualm! Die Polizei ließ mich nicht durch, ein Navi hatte ich leider auch nicht dabei. Das war ein Stress! Nach einigen Umwegen kam ich dann gerade noch rechtzeitig. Zeit für eine Beruhigungs-Zigarette blieb leider nicht, der Gesprächspartner fing mich direkt auf dem Parkplatz ab. Und ließ mich kaum zu Wort kommen, denn er führte daraufhin einen zweistündigen Monolog und stellte mir nicht eine einzige Frage. Die Stelle habe ich übrigens nicht angenommen.“
Excel vs. Lässigkeit
„Ich hatte eine Stelle im Qualitätsmanagement zu besetzen und im Zuge dessen mit zwei Bewerberinnen gesprochen, die mir gut im Gedächtnis geblieben sind: Eine war so offen, mir gleich am Anfang das „Du“ anzubieten … das war schon etwas schräg. Die zweite Kandidatin war wiederum so QM-affin, dass sie sogar ihr gesamtes Privatleben in Excel erfasst und geplant hat. Ob sie in ihrer Lebenstabelle wohl noch Lücken für Spontaneität eingerichtet hat …?“
Test, Test …!
„Ich suchte einen Kommunikations-Dozenten, und wir führten das Vorstellungsgespräch im virtuellen Raum – heute selbstverständlich, damals noch für viele Neuland. Der Bewerber hatte Probleme mit der Technik, und normalerweise spricht man dann so etwas wie ‚Test, eins zwo drei‘ ins Mikro, um es auszuprobieren. Nicht so dieser Bewerber: Er sang mir ein Schumann-Lied vor! Ich habe ihn daraufhin spontan eingestellt und es nie bereut. Singen ist eben auch Kommunikation 😉 “
Der Katzenspezialist
„Die Geschichte habe ich ehrlich gesagt gar nicht im Vorstellungsgespräch erlebt, sondern während meiner Ausbildung. Erzählen möchte ich sie gern trotzdem: Meine Chefin (normalerweise ziemlich arrogant und unnahbar) ließ sich herab, mit mir zu sprechen. Da fühlte ich mich als kleiner Azubi natürlich ganz wichtig! Und sie fragte mich, ob ich mich mit Katzen auskenne. ‚Klar! Was möchten Sie denn wissen? Sicher kenne ich mich aus!‘ Tja, dann möge ich doch mal hinten in den Garten gehen und dort saubermachen, dort würden die herumlaufenden Katzen immer ihr Geschäft hinterlassen … Heute würde ich mir das ganz bestimmt nicht mehr gefallen lassen, aber damals – ich hab‘s dann halt gemacht.“
Sprung ins kalte Wasser
„Ich bin im Vorstellungsgespräch mal gefragt worden, ob ich vom Hausdach in den Pool springen würde. In der Hoffnung, das nicht in die Tat umsetzen zu müssen, sagte ich etwas großspurig: ‚Klar, ich bin schon als Junge von einer Brücke in den Main gesprungen!‘ Ich habe die Stelle tatsächlich bekommen. Aber eigentlich nur, weil ich der einzige männliche Kandidat war, wie ich am ersten Tag erfahren habe. Und der Chef meinte: ‚Zu viele Frauen auf einem Haufen sind nicht gut, deshalb haben wir dich genommen.‘“
Der Weg ist das Ziel
„Mein damaliges Bewerbungsgespräch fand in Berlin statt – für mich ein Weg von mehreren Stunden quer durch die Republik. Kurz vor dem Termin, ich war schon fast da, bekam ich eine Mail, dass das Unternehmen gerade umziehe und man eigentlich gar keine Zeit für mich hätte. Vielleicht könne man sich ein anderes Mal treffen? Ich habe dankend abgelehnt …“
Feuchtfröhliche Umkleidekabine
„Ich hatte einen Termin für ein Bewerbungsgespräch, zu dem ich mich etwas herausputzen wollte – konnte aber nicht im Anzug bei meiner bisherigen Arbeitsstelle erscheinen, das hätte komisch ausgesehen. Also musste ich mich irgendwo auf dem Weg dorthin umziehen, nur wo? Eine Kneipe war dann meine Rettung. Die Barleute haben mir da auch ein kleines Mutmach-Bierchen angeboten, aber das habe ich mir dann doch lieber verkniffen …“
Bloß nicht anstrengen
„Bei einem ehemaligen Arbeitgeber suchten wir kaufmännische Azubis. Einen Bewerber habe ich noch besonders deutlich vor Augen: Er kam tatsächlich in Jogginghose zum Gespräch! Sehr lässig … Auf die Standardfrage, ob er sich denn über unser Unternehmen informiert habe und uns etwas erzählen könne, antwortete er ebenso cool: Nö, es wäre doch viel einfacher, wenn wir ihm etwas über uns erzählten, wir wüssten das doch viel besser! Wir haben uns dann doch für einen seiner Mitbewerber entschieden.“
Habt ihr auch merkwürde oder besondere Vorstellungsgespräche erlebt? Dann teilt eure Geschichten doch mit uns! Wir sind sehr gespannt … 🙂
Klasse ! Am besten gefällt mir der Kandidat mit dem Schumann-Lied. Den hätte ich auch genommen. Kreativität ist Trumpf.
Hallo Claudia, so schön. Geschichten, die das Leben schreiben, sind immer die Besten. Sehr unterhaltsamer Beitrag. Ich erinnere mich noch an ein Bewerbungsgespräch, bei dem ich Kandidatin war. Ich war auf die „Standardfragen“, wie man sie aus einschlägiger Literatur kennt, gut vorbereitet. Solche einfache Fragen wie: wo sehen Sie sich in 5 Jahren, 10 Jahren? Was sind Ihre Stärken und Schwächen? usw. In dem Gespräch wurde eine Standardfrage nach der anderen „abgearbeitet“. Ungefähr bei der 7. Frage konnte ich mich nicht verkneifen zu sagen: ja, auf diese Frage bin ich auch sehr gut vorbereitet :-). Na ja, kurzes betretenes Schweigen… Weiterlesen »
Da kann ich Christopher echt zustimmen und finde, dass es hier um einen echt guten Blogbeitrag handelt. Ich habe auch so bei einem Vorstellungsgespräch schon erlebt, aber bei mir war es so!
Sie fragten mich ständig, warum ich die Postion wollte und wenn ich eine Antwort gab, fragten sie nochmals, als ob sie nicht sicher über mich wären! 🙂
Sowas kann schon passieren und nach dem Vorstellungsgespräche fragte ich mich, ob sowas nötig wäre mich zu fragen. 😀
Aber ich bin dabei meine Dissertation jetzt zu schreiben und denke, dass ich eher einen neuen Job danach suchen werde! 🙂
Ja, das klingt auch nach einer lustigen Methode im Vorstellungsgespräch: einfach immer die gleiche Frage wiederholen und sehen, wie die Bewerber reagieren 😉
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen